19 Unternehmerinnen und Unternehmer aus den Bereichen Keramische Rohstoffe, Industrieminerale sowie Logistik nutzten im Mai 2010 die Gelegenheit, das Reich der Mitte bei einem In-formationsaustausch mit Fachvertretern direkt vor Ort kennen zu lernen. Die Zielsetzung der Reise bestand hierbei unter anderem darin, Mitgliedern des BKRI den Kontakt zur chinesischen Keramik-Industrie zu ermöglichen. Von Anfang an wurde die Gruppe durch ein erfahrenes Berater-Team kompetent begleitet.

Von der ersten Station, dem pulsierenden Hong Kong, aus ging es zunächst mit dem Zug nach Guangzhou (Canton), einer Stadt, die eine faszinierende Mischung aus „Mega-City“ (15 Millionen Einwohner!) und innovativem Industriezentrum in sich vereint. Hier stand am nächsten Tag ein umfangreiches Informations- und Besichtigungs-Programm auf der Agenda: So erhielt die Gruppe bei einem Besuch der SHAN SHUE Raw Materials Factory einen informativen Überblick über die Rohstoff- Förderung sowie –Aufbereitung in dieser Region. Im Gegensatz zu den deutschen, großräumigen Rohstoff-Vorkommen existiert hier eine Vielzahl relativ kleiner Gruben. Diese liefern auch nicht ohne weiteres Rohstoffe in der gewünschten Form. Um die benötigte Qualität zu erzielen, muss der Rohstoff vielmehr in Filterpressen aufbereitet werden. Die Region ist Zentrum intensiver Bautätigkeit. Hierbei präsentiert sich die Fliesenindustrie in China als eine der größten Industriezweige überhaupt. Bei einer Besichtigung der HUADU Area Tongruben erhielt die Gruppe einen ersten Einblick in für China typische Förderungsmaßnahmen. An dieser Stelle wurde dem Besucher bereits die hohe Relevanz der Umweltproblematik in China verdeutlicht: So gilt hier nicht nur die Trinkwasser-Versorgung, sondern auch die Bereit-stellung sonstiger Umweltressourcen als äußerst schwierig.

Als High-Tech-Region profitiert das Reich der Mitte mehr denn je von einer rasanten, positiven Wirtschaftsentwicklung. Eine besondere Bedeutung kommt hier der Fliesenindustrie zu. Wie sieht die Situation in der chinesischen Keramikindustrie aus? Dieser Frage gingen die Teilnehmer bei einem Treffen mit dem Keramikverband Guangdong (Guangdong Ceramics Association) am Folgetag nach. Herr Generalsekretär Chen Zhen Guang ließ es sich nicht nehmen, den Besuchern persönlich einen Überblick über die dortige Verbandsarbeit sowie die Branche zu vermitteln. Die Mitglieder erfuhren viel Interessantes nicht nur über die Fliesenindustrie Chinas im Allgemeinen, sondern auch über die dortige Verbandsarbeit im Besonderen. Der Austausch mit dem Vorstand des Verbandes verdeutlichte, dass die Arbeit beider Verbände die gleichen Zielsetzungen verfolgt und sich hier durchaus positive Überschneidungspunkte ergeben.

Für die industrielle Produktion werden 60 Millionen Tonnen Rohstoffe benötigt, hiervon entfallen allein auf Kaolin und Tone 30%. Werden in Deutschland pro Jahr lediglich 60 Millionen Quadratmeter Fliesen produziert, so sind dies in China 6 Milliarden Quadratmeter jährlich. Die enorme Bedeutung der Branche zeigt sich zudem in der hohen Anzahl der in diesem Bereich beruflich tätigen Menschen: So gibt es in China in diesem Sektor 1 Millionen Mitarbeiter, davon allein ca. 1/3 in der Provinz Guangdong. Bezüglich der Struktur der Unternehmen geht die Entwicklung hin zu kleinen bis mittelständigen, privat geführten Unternehmen. Allein in Guangdong existieren 5.000 bis 6.000 solcher Betriebe.
Der abwechslungsreiche Besichtigungs-Tag wurde durch einen Besuch des Firmengeländes des zweitgrößten Fliesenhersteller Chinas, der Firma New Pearl Ceramics Group in Foshan abgerundet.

Der folgende Tag begann mit einem Treffen der Delegation mit der AHK German Industry & Commerce Greater China in Guandong. Ihr Geschäftsführer, Herr Jens Hildebrandt, stellte kurz die historische Entwicklung der Region dar und informierte dann detailliert über die ökonomische Situation sowie die hohe Rechtssicherheit für Investoren. Die dortige Außenhandelskammer ist als Repräsentant der deutschen Industrie erste Anlaufstelle für Interessenten und steht insbesondere deutschen Firmen, die sich in Guangdong engagieren möchten, kompetent mit Rat und Tat zur Seite.
Derzeit sind ca. 3.600 deutsche Firmen in China tätig, hiervon ein Großteil im Gebiet Shanghai. Guangdong ist innovativer Standort von ca. 8% der in China ansässigen, deutschen Firmen.

Das im Anschluss daran stattfindende Treffen mit dem Präsidenten des chinesischen Keramikverbands (der CCIA China Ceramic Industrial Association) vermittelte weitere detaillierte Informationen zu den Entwicklungen der Branche. Herr He Tianxiong betonte bei seinem Gespräch mit Herrn Dr. Schlotmann die positive Entwicklung des chinesischen Fliesenmarktes. Hier wurde ein weiterer Informationsaustausch nach Rückkehr in die jeweiligen Verbände vereinbart. Ein Besuch der Messe Ceramics China 2010 rundete den abwechslungsreichen Tag ab. Hier wurde einmal mehr die Dynamik der Wirtschaftsregion, bei der Energie- und Umweltthemen aktuell eine immer größere Bedeutung gewinnen, verdeutlicht. Letzt Stationen der Reise waren die ehemalige Hauptstadt Chinas, Xi’an, sowie Peking. Eine fachliche Nachbereitung ließ die Mitglieder zu dem Schluss kommen, dass China durch sein enormes Marktvolumen einerseits vielfältige Chancen, andererseits auch einige Herausforderungen bietet.

Die ereignisreiche Reise des BKRI ins Reich der Mitte endete nicht ohne wechselseitige Bekräftigung des Wunsches nach einem regelmäßig stattfindenden, intensiven Informationsaustausch. Diskutiert wird darüber hinaus die Möglichkeit, die interessanten Gespräche in näherer Zukunft bei einem Besuch der chinesischen Verbandsmitglieder in Deutschland fortzusetzen.

Matthias Schlotmann
Geschäftsführer des BKRI