Aus der WESTERWÄLDER ZEITUNG: Ein für die Region und besonders den Westerwald wichtiger Industriezweig hat erneut den Dialog mit Politikern gesucht; Firmen- und Verbandsvertreter der keramischen Rohstoffindustrie informierten in Siershahn den Arbeitskreis Wirtschaft der FDP-Landtagsfraktion.

SIERSHAHN. „Wir werden in verschiedenen Gremien aktiver mitarbeiten, die Forschung und Entwicklung intensivieren, neue Märkte erschließen und mehr Öffentlichkeitsarbeit leisten“, erklärte Dr. Matthias Schlotmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Keramische Rohstoffe, vor führenden FDP-Landespolitikem in Siershahn. Der prominent besetzte FDP-Arbeitskreis Wirtschaft hatte sich im Tonbergbaumuseum mit Dr. Schlotmann und Firmenvertretern der keramischen Rohstoffindustrie über aktuelle Fragen der Branche ausgetauscht.


Frank Schäfer, Geschäftsführer WBB Fuchs (3. von links), erläuterte dem FDP-Arbeitskreis Wirtschaft den Tonabbau in der Grube Hohewfese in Siershahn: „350 000 Tonnen von 15 verschiedenen Tonsorten werden hier jährlich gewonnen.“ Beeindruckt zeigten sich (von links) die Landtagsabgeordneten Uta Schellhaas, Herbert Mertin, Hans-Artur Bauckhage, Günter Eymael. Zuvor hatte Dr. Matthias Schlotmann (rechts) die Politiker über die wirtschaftliche Situation und die Rahmenbedingungen der keramischen Rohstoffindustrie informiert.

Schlotmann nannte vor allem „einseitig besetzte regionale Planungsgemeinschaften“ als Hindernis bei der Raumplanung: „Dies macht uns bei der Verbesserung der Rohstoffsicherung enorm Ärger und kostet Zeit.“ Hier müsse man aktiver mitgestalten. Man wolle vor allem auf die Kommunen konstruktiv zugehen. Frank Schäfer, Geschäftsführer von WBB Fuchs GmbH & Co. KG (Ransbach-Baumbach). konnte neben dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Herbert Mertin auch den ehemaligen Wirtschaftsmirnster Hans-Artur Bauckhage und den früheren Staatssekretär Günter Eymael begrüßen, der den Arbeitskreis führt. Mertin betonte, man wolle die bisherigen Verbindungen fortsetzen: „Es ist eine wichtige Industrie für das Land Rheinland-Pfalz. Deshalb wollen wir uns informieren.“

In einem Kurzreferat ging Schlotmann auf die vielfältigen Einsatzbereiche der keramischen Rohstoffe (Ton, Kaolin, Feldspat, Klebsand, Quarzit, Quarzsand, Bentonit) ein; „Der Bereich Feuerfestindustrie läuft zurzeit sehr gut.“ Auch die Technische Keramik und die Umwelt-schutz-Technologie werde immer wichtiger, in der Zement- und Betonindustrie könne man neue Felder erschließen. Trotzdem bleibe die klassische Keramik der größte Bereich. In Rheinland-Pfalz gebe es 46 Betriebe mit eigener Förderung (drei Millionen Tonnen pro Jahr), die knapp 1300 Beschäftigte zählen. Mehr als 16 000 Beschäftigte in 183 Firmen erwirtschaften im Bereich Glasgewinnung/Keramik im Land 2,6 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Die landläufige Meinung, vor allem beim Spezialton gehe fast alles nach Italien, konnte der Geschäftsführer des Bundesverbandes widerlegen: „Deutschland produziert insgesamt 4,2 Millionen Tonnen.“ 2,5 Millionen Tonnen blieben im Inland, 1,7 Millionen Tonnen werden exportiert, und nur 900 000 Tonnen rollen per Bahn über die Alpen.

Zu den Transportproblemen meinte Hartmut Goerg, geschäftsfübrender Gesellschafter der Firma Goerg & Schneider (Siershahn), dass die Transportkosten doppelt so hoch seien wie der Wert des Tons. „Das macht uns Sorge.“ Im Westerwald brauche man zudem intensive LKW-Transporte. Deshalb müsse die Verkehrsinfrastruktur optimiert werden.

Werner Heuser von der Stephan Schmidt KG (Dornburg-Langendernbach) nannte zudem Probleme im europäischen Bahnnetz, etwa bei den Spurbreiten. Er setzt auf den kommenden Super-Lkw, der eine größere Tonnage transportieren dürfe. Hans-Artur Bauckhage dazu: „Der sogenannte Mega-Liner auf der Straße wird gebraucht.“
Dr. Schlotmann kritisierte im weiteren Verlauf des Gesprächs die ungeheure Gesetzes- und Regelungsflut auf EU-Ebene, etwa bei den Themenfeldern Abfall, Grundwasser, Lärm und Bodenschutz. Auf Bundesebene fehle zudem die 1:1-Umsetzung. Ob es Probleme bei der Ausweisung von Abbauflächen gebe, wollte Günter Eymael, der Vorsitzende des Arbeitskreises, wissen. „Wir befinden uns in einer Gemengelage. In der Regel wachsen die Gemeinden an die Abbauflächen heran“, meinte Schäfer. Man müsse heute um die Rohstoffe kämpfen, um sie in Zukunft abbauen zu können. Auf die Frage, wie lange die Vorkommen noch reichen, antwortete Schlotmann: „Noch mehrere Generationen.‘ Die Qualität der Tone sei gut, in Westeuropa sei man da führend, ergänzte Schlotmann: „Die Ukraine ist allerdings als starker Konkurrent zu betrachten.“

Über Forschungsaktivitäten der Rohstoffindustrie berichtete Dr. Ralf Diedel, Geschäftsführer des Forschungsinstitut für anorganische Werkstoffe Glas/Keramik (FGK, Höhr-Grenzhausen): „Wir sind stark in der Anwendungsorientiening, machen keine Grundlagenforschung.“ Für etwa 250 Kunden sei man pro Jahr tätig. Dr. Diede! bemängelte, dass es in Rheinland-Pfalz nur eine industrielle Forschungsvereinigung gibt. Frank Schäfer betonte, dass man seit Jahren mit dem FGK gut zusammenarbeite: «Hier werden Themen angegangen, die praktischen Nutzen haben.“

Im Anschluss an das Gespräch informierte Schäfer die FDP-Politiker am Rande der WBB-Fuchs-Tongrube Hohewiese über Vorkommen und Abbau des „weißen Goldes“. Jörg Frohneberg, Vorsitzender des Tonbergbaumuseums, hatte am Schluss Gelegenheit, dem Arbeitskreis Wirtschaft einige Exponate des Museums zu erläutern.